Von Wegen

Bahnungen der Moderne

Herausgegeben von Christopher Schlembach, Herausgegeben von Ivo Gurschler

320 Seiten,16,5 x 23 cm
November 2018
ISBN 978-3-85449-515-4
Lieferbar

25,00

Verkehr im modernen Sinn ist massenhafte, geordnete Bewegung, in der Fahrzeuge einander flüchtig begegnen, einander gerade noch genug Aufmerksamkeit schenken, um aneinander vorbei oder irgendwohin zu kommen. Er ist technisch wie die Kommunikation, in der niemand mehr miteinander redet und doch jede Botschaft an ihr Ziel kommt. Verkehr webt den roten Teppich, auf dem die Moderne voranschreitet. Er führt zu den Rändern der Welt und ins Zentrum nahezu aller Interpretationen der Gegenwart zurück.

Der Verkehr ist die technische Seite der Zivilisation, wie er die zivilisierte Seite der Technik ist. Er organisiert den Raum im Weltmaßstab, wodurch die Orte in Bahnen und Wege aufgelöst werden, oder gezwungen werden, sich in Behälter zu verwandeln. Sie werden aus ihrer Verankerung herausgelöst und mobilgemacht. Der russische Dichter Velimir Chlebnikov träumte daher von einer Welt mobiler Wohnungen, in der die Menschen aus den dunklen Gefängnissen der Mietskasernen befreit waren und ihre eigenen Wohnungen nach Bedarf in Häuser-Gerüste hängen konnten. »Solcherart war eine überragende Errungenschaft geglückt: nicht mehr der Mensch reiste, sondern sein Haus auf Rädern, besser gesagt seine Bude, die, je nachdem, auf der Plattform eines Zugs oder einem Schiff festgeschraubt werden konnte.«

Schriften zur Verkehrswissenschaft

»Angesichts der verwirrenden Vielzahl von TUMULT-Publikationen, die teils in ideologisch positionierten Verlagen erscheinen, wollen wir die missverständlichen Äquivokationen entflechten und lassen von dem Namen TUMULT ab (ohne ihn vergessen zu wollen). Mit dem vorliegenden Band und ab sofort heißt die Reihe, in der ›Von Wegen. Bahnungen der Moderne‹ als jüngster Band erscheint, Schriften zur Verkehrswissenschaft. Dieser auf einen Vorschlag von Walter Seitter zurückgehende Untertitel war ursprünglich von zwei Argumenten motiviert. Mit dem Begriff Verkehrswissenschaft konnte erstens das Wort Wissenssoziologie vermieden werden. Zweitens ergaben sich Anklänge an die ältere Polizeywissenschaft, die durch Foucaults Studien zur Gouvernementalität Konjunktur hatte.« (Christopher Schlembach / Ivo Gurschler)

Inhalt

Space Syntax – Washington und Peking
Christopher Schlembach und Ivo Gurschler: Kein Warten mehr

Infrastruktur
Michel Serres und Régis Debray: Die Netze Verlassen…
Charles Horton Cooley: Die Theorie des Transports
James Beniger: Die Kontrollrevolution. Technologische und ökonomische Ursprünge der Informationsgesellschaft
Gabriele Schabacher: Medien und Verkehr. Zur Genealogie des Übertragungswissens zwischen Personen, Gütern und Nachrichten im 19. Jahrhundert
Christopher Schlembach: Transportmetaphysik. Verkehr und das Verwaltungsdenken der Aufklärung
Space Syntax – Berlin

Vehikularität
Christian Kassung: Mythos Concorde. Die Form der Geschwindigkeit
Benjamin Steininger: Katalysator. Die Mobilmachung des Materiellen
Ivo Gurschler: Platonische Mobilmachung. Von Menschenkörpern und anderen Fahrzeugen
Space Syntax – München
Frank Jödicke/Rudolf Weidenauer: Rückwärts durch Neapel
Walter Seitter: Die Körper, die Bewegungen, die ewigen Terrestrischen Verkehre und andere
Elisabeth von Samsonow: Die weggezauberten Pferde oder: Die Folgen der »asiatischen Effeminierung«
Sebastian Hackenschmidt: Sitzen als Verkehrszustand. Zur Mobilität der modernen Stahlrohrstühle
Max Bense: Auto und Information. Das Ich, das Auto und die Technik

Transgression
Charles Darwin: Zufällige bzw. gelegentliche Verbreitungsmittel
Richard Poulin: Human Trafficking. Militärische Besatzungen im Neoliberalismus
Space Syntax – London
Hermann Knoflacher: Die Krise moderner Verkehrswissenschaft. Begriffliche Engführungen und deren praktische Folgen
Reinhold Knoll: Stadtgrenzen im Wiener Verkehrsgedächtnis
Anna Rose: Das Gewebe der Urbanität
Space Syntax – Wien