Klaus Kastberger

ALLE NEUNE

Zehn Aufsätze zur österreichischen Literatur

176 Seiten,14 x 22 cm
Klappenbroschur
März 2023
ISBN 978-3-85449-618-2
Lieferbar

25,00

Während das Archiv für Journalist:innen ein Mittel der Rache sein kann – nach Robert Hochner v. a. an Politikern –, bildet es für die Literaturwissenschaft ein regelrechtes Medium zur Differenzierung ihrer vermeintlichen Gewissheiten. Dies gilt umso mehr für Germanist:innen, die sich, wie Klaus Kastberger, den Autorinnen und Autoren ihres Interesses von Archivbeständen her nähern, um nicht nur literarische Texte, sondern auch liebgewonnene Klischees, Wertungen und Interpretationen neu in den Blick zu nehmen.
In ALLE NEUNE, einer Sammlung von Einzelanalysen der letzten Dekade, widmet sich Klaus Kastberger der österreichischen Literatur seit den beginnenden 1930er Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart. Der Impuls, der alle Texte verbindet, ist es, in jeder Einzelstudie über den jeweiligen Autor oder die jeweilige Autorin und das spezifische Werk hinaus auch etwas Übergreifendes zu benennen, um den Eigensinn der österreichischen Literatur herauszuarbeiten.
Der Kegelmetaphorik ernster Kern ist – neben Lokalkolorit und ironischer Distanz – die Verabschiedung der Vollständigkeit und des letzten Wortes: Dem scheinbaren Triumph der neun abgeräumten Kegel steht der zehnte Aufsatz und die stets nächste Lektüre gegenüber. Denn vom Medium des Archivs aus gedacht bleiben auch die wohlkanonisierten Autorinnen und Autoren stets aufs Neue zu interpretieren, deren Werke, Widersprüche und Relationen untereinander neu zu bedenken. Entsprechend lässt sich beispielsweise fragen, ob Anton Wildgans nicht lieber doch dem Vergessen anheim gegeben werden sollte. Neu gelesen werden zudem Ödön von Horváth, die archivierte Avantgarde entgegen deren tradierter Gestalt oder die kleine Literatur der Elfriede Gerstl. Mit Beiträgen zu Handkes »Theater als Text«, der dichterischen Werkstatt Friederike Mayröckers oder der Gespensterhaftigkeit im Werk Jelineks ist ein repräsentativer Bogen der Relektüre österreichischer Literatur der letzten 90 Jahre gespannt – die sicherlich bekannt, doch längst nicht ausgelesen ist. Oder, um den Titel des Beitrags zu Thomas Bernhard zu bemühen: Read after burning.

Stimmen

»Kastberger ist der Suchende, der Forschende, der sich die Autoren neu erschließt. Sein Ziel ist, den Blickwinkel zu erweitern, das scheinbar mühelos gelingt. Gut so einen Geisteswissenschaftler bei Bachmann und im Grazer Literaturhaus sitzen zu haben, der zugleich gut verständlich sowie wissenschaftlich fundiert mit ›Alle neune‹ eine Art Bilanz als Archivar über die österreichische Literatur des 20. Jahrhunderts geschaffen hat. Respekt!«
(Martin G. Wanko / Clarissa Berner, Vorarlberger Nachrichten, 15./16. Juli 2023)
»Alle Neune ist ein gut lesbares, instruktives Buch. Der Ton ist weder belehrend noch ersticken die Texte in germanistischem Kauderwelsch. Kastberger bringt der jeweiligen Figur, dem jeweiligen Gegenstand seiner Forschung, Sympathie, bisweilen sogar Empathie entgegen, was aber die ein oder andere ironische Spitze nicht ausschließt. Manchmal überrascht er mit kühnen Volten und fast immer ist man klüger als zuvor. Statt Kegeln bzw. Bowling, hätte ich auch Snooker als Grundlage für die Quantität der Texte genommen. Aber man kann nicht alles haben.«
(Lothar Struck, Glanz&Elend, 14. April 2023)
»Kastberger erweist sich in seinen Texten als so kluger wie aufmerksamer Archivar, dessen Gutachten im Kern darum kreisen, in Literatur nichts weniger als Lebensmittel zu erkennen.«
(Wolfgang Paterno, profil, 2. April 2023)
»Klaus Kastberger berichtet in seinen Texten fundiert und vor allem gut lesbar von diesen Geheimnissen des literarischen Schreibens. Das ist einer der Gründe dafür, dass ihm im März 2023 der österreichische Staatspreis für Literaturkritik zugesprochen wurde.«
(Werner Schandor, Der Haubentaucher, 2. April 2023)
»Wahrlich nicht jeder Germanist vermag so klar und durchsichtig zu schreiben wie der gebürtige Gmundner. (…)
Zum anderen ist Kastbergers Alle Neune, der punktgenau zu seinem 60.Geburtstag am 19. April vorliegt und der typografisch außergewöhnlich schön gestaltet ist – mit in Rot gesetzten, in unmittelbare Nähe der Zitate gerückten Fußnoten in der Marginalspalte (man wünschte sich lediglich eine etwas stabilere Bindung) und mit fackelrotem Umschlag –, auch in anderer Weise einverborgenes Archiv. Eines des Lesens und des Lebens.«
(Alexander Kluy, Literaturhaus Wien, 28. März 2023)