Markus Köhle

Land der Zäune

240 Seiten,13,5 x 21 cm
gebunden
März 2025
ISBN 978-3-85449-673-1
Lieferbar

25,00

Hans Sagmeister, äußerlich betrachtet ein durchschnittlicher, fast unauffälliger Niederösterreicher, ist enttäuscht von seinen Mitmenschen. Um nicht ständig von seiner überfordernden und übergriffigen Umwelt drangsaliert zu werden, zieht er sich sozial immer weiter zurück. Bald schon ist sein Vorstadthäuschen nicht nur ein Refugium, sondern – dank eines gewissen Vermögens, das er sich als Online-Versandhändler erworben hat – eine regelrechte Trutzburg gegen Nachbarn, die Familie, die eigene Vergangenheit und überhaupt: den Lauf der Welt.
Die Abkapselung von allen Bedrängnissen seiner Gegenwart wird ihm auch physisch zum Selbstzweck, denn jede weitere Ausbaustufe seiner beträchtlichen Zaunanlage verleiht ihm das Gefühl, die Kontrolle über sein Leben ein Stück weit zurückzuerlangen. Solcherart gefestigt reift in Hans Sagmeisters Vorstellungswelt die Überzeugung, dass klare Grenzen nicht nur in der unmittelbaren Nachbarschaft für Ordnung sorgen können, sondern auch das Potenzial haben, komplexere Problemlagen zu sortieren – niemand muss in die Gräben, die unsere Gesellschaft durchziehen, stürzen, wenn diese bloß feinsäuberlich abgezäunt würden. Fatalerweise bestärkt ihn seine einzige »Bezugsperson«, eine Online-Seelsorgerin – oder doch ein undurchschauter Chatbot? –, in dieser Ansicht, sodass Hans den Plan fasst, sein persönliches Programm zu einer politischen Bewegung auszubauen. Der Zuspruch, den er auf sozialen Medien erntet, macht ihn sicher: Sein Ziel darf kein geringeres sein, als Zaunkanzler zu werden!
Markus Köhle entwendet das Sprachmaterial der Tagespolitik, um mit erprobtem Wortwitz tief in deren Abgründe und die der dort instrumentalisierten Motive zu blicken. Mit satirischer Exaktheit zeichnet er so das Panorama einer von Überforderung und Engstirnigkeit halluzinierten Welt, in der sich der virtuelle Zuspruch einiger Weniger vom Voyeurismus der Vielen kaum noch unterscheiden lässt. Die Geschichte von Hans Sagmeisters Aufstieg ist eine sprachtrunkene Parodie, deren »Sätze wie Pflaster auf die Wunden der Gegenwart« passen.

Stimmen

»So abgedreht sich dieser Hans Sagmeister auch in seine Zaunfantasien versteigt, über Poller und Vollpfosten in Lobenshymnen ausbricht und seine Zukunftsvisionen als Zaunkanzler der Nation ausbuchstabiert, so fabelhaft gelingt Markus Köhle in seinem Roman ein in vielen Aspekten gruselig aktueller Gesellschaftsblick. Es ist die (überzeichnete?) Rhetorik einiger politischer Zeitgenoss*innen, die hier geradezu beklemmend eindrücklich in Hans Sagmeister zusammensiedet, es ist der Zeitgeist der Grenzabsicherung, Abgrenzung und Aufrüstung gegen ›die Anderen‹, die ›Land der Zäune‹ zu einem wichtigen Gegenwartsprotokoll machen.« (Iris Gassenbauer, Literarische Kurse, April 2025)
»Gesellschaftskritik wird so verpackt, dass die Lektüre Spaß macht, aber deutlich wird, was falsch läuft. Lyrische Einschübe wie die umgedichtete Bundeshymne (S. 82) und das Zaun-Glaubensbekenntnis (S. 166) sind geballter Wortwitz, der schallend auflachen lässt.« (Barbara Tatschl, Bezirksblätter)
»Markus Köhle lässt der Sprache freien Lauf. Mal schält sie sich aus Zeitungen heraus und mutiert zu einer skurrilen Geschichte, dann tritt sie als Essay auf und versucht, die Metaebene auszutricksen, der Hörfehler ist Dauergast der Kommunikation wie die Selbstbespiegelung während der Selbstreflexion. (…) Für österreichische Verhältnisse handelt es sich um einen ausgesprochenen Thriller, der die Nerven empfindsamer Seelen immer an der falschen Stelle erregt. Letztlich können Kurzschlüsse, Erosionen des Lebenssinns und Desaster des Alltags durch keinen noch so fixen Zaun ›in Zaun gehalten‹ werden.« (Helmuth Schönauer, schoenauer-literatur.com, 28. Feber 2025)
»Markus Köhle, der Altgroßmeister des gesprochenen Wortes und gepoetrytem Slam hat mit ›Land der Zäune‹ in einem schmalen, aber mit Wortwitz vollgestopften Roman die Festung Europa in die Vorgärten Niederösterreichs verlegt und erzählt anhand des Zaunfetischisten Hans Sagmeister den Abschottungswahn des Alpenlandes, samt Zaunpartei, deren Gründungsmitglieder, die Vollpfosten, schon bald die Macht übernehmen werden, und das gerade passend pünktlich vor der Wien-Wahl.« (Elias Hirschl, Instagram, 21. März 2025)