Markus Köhle liest aus “Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts” (2023)
»Mit seinem furiosen Reiseroman ‚Das Dorf ist wie das Internet …‘ führt der aus Tirol gebürtige Autor und Poetry-Slammer Markus Köhle die Mär vom sommerlichen Fernweh ad absurdum.«
Ronald Pohl, Der Standard
»Wer in den letzten drei Jahrzehnten im Alpinen groß geworden oder wenigstens halbwegs herangewachsen ist, wird sich in ‘Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts’ wiedererkennen. Aber das ist nur ein Aspekt dieses ebenso fein wie hintersinnig komponierten Romans.«
Joachim Leitner, Tiroler Tageszeitung
Mieze Medusa & Yasmo: MYLF – Mothers you’d like to flow with / Markus Köhle: Spoken-Word-Poetry meets Speisewagen-Prosa
Drei Aushängeschilder der heimischen Poetry Slam-Szene unterhalten beim Kultursommer Wien im Reithofferpark im 15. mit einem Mix aus Spoken Word-Poetry, Slam-Texten und auch ein bisschen erzählender Literatur: Mieze Medusa und Yasmo unterlegen als MYLF – Mothers you’d like to flow with rhythmisch Gesprochenes mit Musik. Markus Köhle liest Slam-Texte und aus seinem Roman „Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts“.
»Mit heiterem Ernst beobachtet der passionierte Zugreisende Jaroslav Rudiš, zudem Dichter, Dramatiker und Denker, seine Weggefährten und Begleiter, memoriert Episodisches aus Geschichte und Gegenwart. Diese Salzburger Vorlesung führt in die facettenreichen Sphären des Nebels, dem Rudiš in allen seinen Schriftstücken zugetan ist, poetisch, ernsthaft und mit feinem Humor. Der menschenfreundliche Literat verzichtet auf allen bitteren Zynismus, der gegenwärtig medial und auch literarisch gelegentlich vorherrscht. Jeglicher Hast setzt er Geruhsamkeit entgegen, reist und schreibt sinnierend, sinnlich und sinnreich.« (Thorsten Papronty, rezensionen.ch)
Der eine: ein fanatischer Nazi, der sich nach dem Krieg als Opfer präsentiert. Der andere: ein christlichsozialer Beamter, sein untergebener Kollege.
Ewald Simmer, Gendarmerieoberst in Linz, wird von den Allierten 1946 in Haft gebracht, zuerst zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, nach längerem Prozess aber freigesprochen. Obwohl die Schuldlast erdrückend ist, kann er 1949 als unbescholtener Mann in die Gesellschaft zurückkehren.
Major Alois Renoldner, der Großvater des Autors, ebenfalls Gendarm in der oberösterreichischen Sicherheitsdirektion, wird am 13. März 1938 auf Simmers Befehl verhaftet und später ins KZ Dachau gebracht. Dass ihn, nach dem Krieg, die alten Nazis immer noch beschimpfen, kann er nicht verstehen.
HIer geht’s zum Buch
Auf nach Graz
Zu Fuß durch 1170 Kilometer Stadt
Einschlägige Erhebungen verzeichnen für Graz
66 Kilometer Stadtgrenze, eine Fläche von 127,5
Quadratkilometern und eine Gesamtlänge des
Straßennetzes von 1170 Kilometern. Der eingeborene
Grazer Gerhard Melzer will diesen nüchternen
Zahlen Leben einhauchen und macht sich
auf, die urbane Realität dahinter in hunderten
Fußmärschen zu erkunden. Im Gehen füllen
sich die vielen Kilometer Stadt, die Straßen, Häuser,
Parks und Plätze, mit Anschauung. Es treten
versteckte Paradiese und städtebauliche Höllen
zutage, Abseitiges, Nebensächliches, Skurriles,
architektonische Kontraste und Verwerfungen,
und immer wieder Zeichen, Bild- und Schriftzeugnisse,
die den Eigensinn der Stadt und ihrer
Bewohner hervorkehren. Letztlich gerät die Stadt
zum Buch, das gelesen werden will.
Auf nach Graz hält in fotografischen und
sprachlichen Schnappschüssen fest, was diese
Lektüre ergeben hat. Das Prinzip, das beiden Darstellungsformen
zugrunde liegt, ist aus der Zahl
der Grazer Bezirke hergeleitet. Die Strenge der
Form soll die Subjektivität und Fülle der Wahrnehmungen
im Zaum halten. Entsprechend versammelt
der Bildteil je siebzehn Fotos unter siebzehn
Stichworten (z. B. United Colours of Graz,
Broken City, Wichtelwelt, Streetart Gallery, Unheilige
Stühle, Grüne Zonen, Die Häute der Stadt
etc.), während im Textteil siebzehn kurze, exemplarische
Notate das urbane Gehen zu einer autobiografischen
Reflexion über Lebenswege vertiefen,
nach dem Motto: Wer geht, geht immer auch
ein Stück weit in sich.
Eine Sammlung von Einzelanalysen – was sie verbindet: In jeder Einzelstudie über den jeweiligen Autor oder die jeweilige Autorin und das spezifische Werk hinaus wird auch etwas Übergreifendes benannt, um den Eigensinn der österreichischen Literatur herauszuarbeiten. Ihr Apriori: Auch die wohlkanonisierten Autorinnen und Autoren sind stets aufs Neue zu interpretieren, ihre Werke, Widersprüche und Relationen untereinander neu zu bedenken. Entsprechend lässt sich beispielsweise fragen, ob Anton Wildgans nicht lieber doch dem Vergessen anheim gegeben werden sollte. Neu gelesen werden Ödön von Horváth; die archivierte Avantgarde entgegen ihrer tradierten Gestalt oder die »kleine Literatur« Elfriede Gerstls. Mit Beiträgen zu Handkes Theater als Text, zur dichterischen Werkstatt Friederike Mayröckers oder zur Gespensterhaftigkeit im Werk Elfriede Jelineks ist ein repräsentativer Bogen der Relektüre österreichischer Literatur der letzten 90 Jahre gespannt – die sicherlich bekannt, doch längst nicht ausgelesen ist.
Im Gespräch: Klaus Kastberger, Franz Schuh und Katja Gasser