Sabine Scholl
Lebendiges Erinnern
Wie Geschichte in Literatur verwandelt wird
234 Seiten,13,5 x 21 cm
November 2021
ISBN 978-3-85449-590-1
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€20,00
Für die Geschichtswissenschaft (auch oder gerade dort, wo sie mit der Methode der Oral History arbeitet) sind Zweifel an Methoden und Kritik von Quellen unerlässlich. Dass jede Geschichtsdarstellung fiktionale Elemente enthält, muss ständig bedacht werden. Wenn nun die Belletristik historisches Material benutzt, um historische Stoffe zum Leben zu erwecken, sollte mit ähnlicher Gewissenhaftigkeit ans Werk gegangen werden.
Die Schriftstellerin Sabine Scholl geht in ihrem Essay der Frage, wie sich Geschichte schreiben lässt, akribisch nach und analysiert anhand von 13 literarischen Beispielen, wie dies tatsächlich gelingen kann. Kunst und Erinnerung werden einander dort gerecht, wo ästhetische Fragen und ethische Vorbehalte formbewusst miteinander verschränkt werden.
Historische Zusammenhänge werden in Texten fiktional hergestellt. Autor*innen sollten sich sowohl der emotionalen Effekte, die ihre Arbeit auslöst, bewusst sein – wie auch der Emotionen, die beim Schreiben selbst entstehen und wirksam sind. Erzählen bedeutet in diesem Sinne, Dokumente und Berichte zusammenzutragen und nachzuerzählen, gleichzeitig aber die Lückenhaftigkeit und Fiktionalität des Erzählverfahrens zu reflektieren.
Sabine Scholls Essay basiert auf Gesprächen, die mit den Autor*innen der behandelten Beispiele geführt wurden. Er liefert Einsichten in diese erprobten Schreibweisen und führt eine Typologie von literarisch gelungen erzählter Geschichte vor. Zugleich versammelt Scholl die grundsätzlichen Fragen, mit denen jedes erinnernde Schreiben sich auseinandergesetzt haben sollte, als Kompendium für Autor*innen. Scholls Text ist dabei mehr als eine Gebrauchsanweisung, er öffnet Fenster, wird selbst zu einem Stück Literatur.
Stimmen
»Sabine Scholl kann mit ihren klugen Analysen also zeigen, dass es den vorgestellten Romanen gelingt, wieder sichtbar zu machen, was im Geschichtsprozess getilgt wurde, und uns zugleich dafür zu sensibilisieren, dass jede Erinnerung immer so viel Dichtung wie Wahrheit enthält. Wir sehen dank dieser Untersuchung nun klarer, was das postmemoriale Erzählen im Kern ausmacht: Der Glaube an die eine Geschichte ist dem Bewusstsein von deren Brüchigkeit gewichen. Es ist ein Erzählen jenseits der Naivität.« (Deutschlandfunk, 18. November 2021)