Karl Sierek im Filmmuseum

In den sechs Bänden der Buchreihe Wege. Spuren und Bahnen der Bewegung im Kino treffen Wegebauten und Bewegungsbilder aufeinander. Seit es das Kino gibt, wird das Furchen von Spuren und Legen von Bahnen durch Land- und Stadtschaften in bewegten Bildern präsentiert, reflektiert und differenziert. Eine der ältesten Fertigkeiten des Menschen, nämlich die Herstellung von Wegen vor Ort, stößt damit auf eine etwas gealterte, nämlich die Herstellung von Bewegung im Bild. Dabei begleiten die beiden Kulturtechniken des Wegebaus und des Filmemachens aneinander durch die Kinos und befruchten sich wechselseitig. Sie ziehen Spuren und bilden Bahnen. Diese Bahnungen und Spurungen führen zu jenem Reichtum ästhetischer Ausdrucksformen, der uns bis heute in die Kinos lockt.
 

Wer – das Kino denkend – von Handlungsort, Schauplatz oder Spielraum spricht, meint meistens fest begrenzte, klar definierte Felder, in denen filmische Ereignisse ablaufen. Diese Handlungen und Bewegungen sind in der Theoriebildung des Kinos wohl erschlossen. Filmphilosophische Studien zu Zeit- und Bewegungsparadigmen seit den 1970er Jahren und Forschungen zum frühen Kino in den letzten Jahrzehnten haben wertvolle Ergebnisse zum Verständnis filmischer Bewegung erbracht.
Link zur Veranstaltung: https://www.filmmuseum.at/kinoprogramm/schiene?schienen_id=1726451427470

Figurationen des Übergangs 1: Kunst und Gebrechen

Schon in den grundlegenden anthropologischen Aitiologien wie dem Prometheus- oder dem Sündenfallmythos wird die Kunstfertigkeit des Menschen als sein einzigartiges Vermögen gehandelt. Dies verschränkt sich mit der Idee, dass ihm umgekehrt ein fundamentaler Mangel, ein Gebrechen anhafte. Das vorliegende Buch interessiert sich für die Zuspitzung dieser Denkfigur im Zusammenhang von Kunst und Gebrechen, dabei für Gebrechen, die ursächlich mit dem Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern in Verbindung stehen oder vielmehr und eher: mit ihnen in Verbindung gebracht werden.

Im Rahmen der Präsentation des ersten Bandes der Reihe Figurationen des Übergangs wird die Literaturwissenschaftlerin und Autorin Marlen MAirhofer einen für diese Veranstaltung entstandenen literarischen Text mit dem Titel »Bandwurm« vortragen. »Bandwurm« ist der Versuch einer Wiederaneignung akademischen Sprechens für das Poetische. Es nistet sich in Meta-Texten ein, nimmt, was es braucht, um zu wachsen und hinterlässt seinerseits Residuen. Wie zärtlich können parasitäre Lektüren sein?

Mit Hildegard Fraueneder, Nora Grundtner und Manfred Kern (Hg. von Kunst und Gebrechen), Marlen Mairhofer (Autorin) und Matthias Schmidt (Sonderzahl).

Österreichische Gesellschaft für Literatur: Bühne, Brücken, Buchpakete.

In überraschender Symbiose mit staatlichen Behörden entwickelte die Österreichische Gesellschaft für Literatur ab 1961 innovative Strategien: (geheime) Büchersendungen in den »Osten«, internationale Lesereisen, österreichische Literaturpreise und -gesellschaften, Einladungsprogramme für Exilautor*innen und Übersetzer*innen, und vor allem ein zuvor in Qualität und Umfang unvorstellbares Veranstaltungsprogramm, über 400 Veranstaltungen fanden mit Gästen aus »Ost« und »West« wie Elias Canetti, Imre Kertész, Mary McCarthy, Oskar Pastior u.v.a. statt.
 
Eine Spurensuche auf den Wegen der sowohl verdeckten als auch im Scheinwerferlicht stehenden internationalen Literaturvermittlung im Kalten Krieg, die sich dank der einzigartigen, weitgehend unbekannten Materialien des ÖGfL-Archivs in seltener Transparenz verfolgen lässt.

Manès Sperbers »Zur Analyse der Tyrannis« im NÖ Landesmuseum

Manès Sperbers Schrift Zur Analyse der Tyrannis erschien im Jänner 1939 im Pariser Exil, sieben Monate vor dem Hitler-Stalin-Pakt und acht Monate vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Der österreichisch-französische Philosoph, Individualpsychologe und Schriftsteller (1905 Sabolotiw/Galizien – 1979 Paris) beschreibt darin jene Mechanismen, die, legitimiert durch die Berufung auf Volk und Nation, zum Untergang der europäischen Demokratien und zu neuen Formen totalitärer Herrschaft geführt haben. Der Machthaber, so Sperber in seiner Analyse, erscheint den Benachteiligten als einer der ihren, der sie in seinem Kampf gegen das „System“ für alle erlittenen ökonomischen und sozialen Verluste zu entschädigen verspricht – angesichts der Erfolge antidemokratischer Bewegungen unserer Tage ein aktuelles Thema.

Aus diesem Werk lesen und diskutieren Christian Rapp, wissenschaftlicher Leiter des Hauses der Geschichte im Museum Niederösterreich, Martha Keil, wissenschaftliche Leiterin der Ehemaligen Synagoge St. Pölten und des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs, und der Literaturwissenschaftler und Präsident der Manès Sperber-Gesellschaft Wolfgang Müller-Funk ausgewählte Texte. Anlass ist das Erscheinen der von Müller-Funk herausgegebenen Auswahlausgabe der Werke von Manès Sperber.

Anmeldung wird erbeten unter anmeldung@museumnoe.at

Bernd Marin im Bruno Kreisky Forum

Bernd Marin präsentiert sein neues Buch »LebensZeiten« im Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog. Kuratiert von Robert Misik.

Gustav Ernst in der Alten Schmiede

»Der Zuschauer, so sehr er sich auch dagegen stemmt, erlebt die Gewalt, wie die Gewalttätigen im Film sie erleben: lustig«, schreibt Gustav Ernst über seinen Film Exit (1980). Komik kann ein literarisches oder filmisches Mittel sein, um Gewalt darzustellen, ohne dass diese dergestalt verharmlost wird – im Gegenteil: Gerade der Kontrast kann dazu beitragen, jene Strukturen offenzulegen, die Gewalt bedingen. Das Thema wird aus der Perspektive von Literatur, Dramaturgie und Filmregie anhand von Beispielen aus den Werken Gustav Ernsts und Barbi Markovićs beleuchtet.
Gustav Ernst, *1944; langjährige Mithg. der Zeitschrift wespennest, Mithg. Zeitschrift kolik. Ltg. Leondinger Literaturakademie gem. mit K. Fleischanderl. Zuletzt u.a.: Betriebsstörung. Roman (2021).
Barbi Marković, *1980 in Belgrad. Zuletzt u.a.: Minihorror. Prosa (2023).
Claus Philipp, *1966, Dramaturg, Publizist, bis 2017 Geschäftsführer des Wiener Stadtkinos. Buchpublikationen, Film- und Performance-Projekte, u.a.: Mutzenbacher (Regie: Ruth Beckermann, 2022).

Franz Schuh in der Alten Schmiede

Franz Schuh »Blendung als Lebensform. Zur Aktualität von Elias Canetti.« Hg. von Bernhard Kraller

Seit fast einem halben Jahrhundert setzt sich Franz Schuh intensiv mit dem Werk Elias Canettis auseinander. Das Ergebnis dieses Studiums ist nachzulesen in 25 Essays, die in diesem Band erstmals publiziert werden und die Canettis Literatur auf die ihr zugrundeliegende Lebensform hin untersuchen. Flankiert wird das Korpus von zwei großen Essays über Karl Kraus, das frühere Vorbild des späteren Nobelpreisträgers.

Franz Schuh, *1947; Schriftsteller, Kritiker, Philosoph; zuletzt: Ein Mann ohne Beschwerden (2023).