Klemens Renoldner im Literaturhaus Salzburg

»Indem Klemens Renoldner dem Schicksal seines Großvaters den Prozess gegen Simmer gegenüberstellt, gelingt ihm ein aufschlussreicher Text über Recht und Unrecht, aus juristischer, moralischer und politischer Sicht. Der Anfang der halbdokumentarischeen ›Geschichte zweier Angeklagter‹ erinnert ein wenig an Franz Kafkas Roman ›Der Process‹. Ähnlich wie Josef K. muss auch Major Renoldner von jemandem verleumdet worden sein, denn er wird eines Tages verhaftet, ohne etwas Böses getan zu haben. Während bei Kafka der Verursacher anonym bleibt, ist hier klar: Simmer heißt die Kanaille!« (Christian Schacherreiter, OÖ Nachrichten, 19. Mai 2023)
»Ein einziges, hakenschlagendes Davonrennen vor der Wahrheit. Eine Parabel auf Österreichs Umgang mit dem NS-Erbe. ein schmales Buch mit viel Gewicht.« (Wolfgang Paterno, profil, 16. April 2023)

Klemens Renoldner in der Buchhandlung FAKTory

Der eine: ein fanatischer Nazi, der sich nach dem Krieg als Opfer präsentiert. Der andere: ein christlichsozialer Beamter, sein untergebener Kollege.

Ewald Simmer, Gendarmerieoberst in Linz, wird von den Allierten 1946 in Haft gebracht, zuerst zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, nach längerem Prozess aber freigesprochen. Obwohl die Schuldlast erdrückend ist, kann er 1949 als unbescholtener Mann in die Gesellschaft zurückkehren.

Major Alois Renoldner, der Großvater des Autors, ebenfalls Gendarm in der oberösterreichischen Sicherheitsdirektion, wird am 13. März 1938 auf Simmers Befehl verhaftet und später ins KZ Dachau gebracht. Dass ihn, nach dem Krieg, die alten Nazis immer noch beschimpfen, kann er nicht verstehen.

HIer geht’s zum Buch

Gerhard Melzer im Literaturhaus Graz

Auf nach Graz

Zu Fuß durch 1170 Kilometer Stadt
Einschlägige Erhebungen verzeichnen für Graz

66 Kilometer Stadtgrenze, eine Fläche von 127,5
Quadratkilometern und eine Gesamtlänge des
Straßennetzes von 1170 Kilometern. Der eingeborene
Grazer Gerhard Melzer will diesen nüchternen
Zahlen Leben einhauchen und macht sich
auf, die urbane Realität dahinter in hunderten
Fußmärschen zu erkunden. Im Gehen füllen
sich die vielen Kilometer Stadt, die Straßen, Häuser,
Parks und Plätze, mit Anschauung. Es treten
versteckte Paradiese und städtebauliche Höllen
zutage, Abseitiges, Nebensächliches, Skurriles,
architektonische Kontraste und Verwerfungen,
und immer wieder Zeichen, Bild- und Schriftzeugnisse,
die den Eigensinn der Stadt und ihrer
Bewohner hervorkehren. Letztlich gerät die Stadt
zum Buch, das gelesen werden will.
Auf nach Graz hält in fotografischen und
sprachlichen Schnappschüssen fest, was diese
Lektüre ergeben hat. Das Prinzip, das beiden Darstellungsformen
zugrunde liegt, ist aus der Zahl
der Grazer Bezirke hergeleitet. Die Strenge der
Form soll die Subjektivität und Fülle der Wahrnehmungen
im Zaum halten. Entsprechend versammelt
der Bildteil je siebzehn Fotos unter siebzehn
Stichworten (z. B. United Colours of Graz,
Broken City, Wichtelwelt, Streetart Gallery, Unheilige
Stühle, Grüne Zonen, Die Häute der Stadt
etc.), während im Textteil siebzehn kurze, exemplarische
Notate das urbane Gehen zu einer autobiografischen
Reflexion über Lebenswege vertiefen,
nach dem Motto: Wer geht, geht immer auch
ein Stück weit in sich.

Klaus Kastberger im Literaturhaus Wien

Eine Sammlung von Einzelanalysen – was sie verbindet: In jeder Einzelstudie über den jeweiligen Autor oder die jeweilige Autorin und das spezifische Werk hinaus wird auch etwas Übergreifendes benannt, um den Eigensinn der österreichischen Literatur herauszuarbeiten. Ihr Apriori: Auch die wohlkanonisierten Autorinnen und Autoren sind stets aufs Neue zu interpretieren, ihre Werke, Widersprüche und Relationen untereinander neu zu bedenken. Entsprechend lässt sich beispielsweise fragen, ob Anton Wildgans nicht lieber doch dem Vergessen anheim gegeben werden sollte. Neu gelesen werden Ödön von Horváth; die archivierte Avantgarde entgegen ihrer tradierten Gestalt oder die »kleine Literatur« Elfriede Gerstls. Mit Beiträgen zu Handkes Theater als Text, zur dichterischen Werkstatt Friederike Mayröckers oder zur Gespensterhaftigkeit im Werk Elfriede Jelineks ist ein repräsentativer Bogen der Relektüre österreichischer Literatur der letzten 90 Jahre gespannt – die sicherlich bekannt, doch längst nicht ausgelesen ist.

Im Gespräch: Klaus Kastberger, Franz Schuh und Katja Gasser

Klemens Renoldner im StifterHaus in Linz

In den Morgenstunden des 13. März 1938 wird in Linz der Gendarmerie-Major Alois Renoldner verhaftet. Sein Vorgesetzter, Ewald Simmer, hat mehrere Kollegen ins Gefängnis und später ins KZ gebracht. Alle Versuche des Häftlings, sich vor einem Richter verteidigen zu können, scheitern. Eines Nachts wird er ins Konzentrationslager nach Dachau überstellt, letztlich entlassen und zwangspensioniert. Über die Demütigungen und Folterungen im KZ, das Trauma seiner Haftzeit, kann er später nie sprechen. Ewald Simmer ist ein fanatischer Nazi, er wird nach dem Krieg verhaftet. Obwohl die Beweislage erdrückend ist, kann er dank eines geschickten Anwalts und durch konsequentes Leugnen seiner NS-Karriere als unbescholtener Mann in die Gesellschaft zurückkehren. Erzählt wird von einem Opfer, das vor Gericht um ein mildes Urteil für den Täter bittet. Erzählt wird von einem Täter, der sich als Opfer präsentiert, und gegen das Gericht keine Handhabe hat. In der kleinen Rahmenhandlung: Martha, die Tante des Autors, die als 16-jähriges Mädchen einen Brief an Adolf Hitler schreibt, um ihren Vater aus dem KZ zu befreien. Auch dies eine wahre Geschichte.

Lesung mit dem Autor
Moderation: Alexandra Millner

Alexandra Millner, geboren 1968, Literaturwissenschaftlerin und -kritikerin, Dramaturgin. Lehrbeauftragte am Institut für Germanistik der Universität Wien, seit 2016 leitende Projektmitarbeiterin des FWF-Projekts „Albert Drach Werke. Studienausgabe 3“. Zudem seit 1999 zahlreiche Rezensionen literarischer und wissenschaftlicher Texte sowie feuilletonistische Beiträge, u. a. für Ö1, die Wiener Zeitung, den Falter, die Presse und Volltext.

»Wien, Schwedenplatz: polyphon« in der Alten Schmiede

Wo sonst in Wien kreuzen sich so viele Wege? Lucas Cejpek und Margret Kreidl haben 106 Autor*innen eingeladen, den Schwedenplatz zu beschreiben: Seite für Seite ein eigener Sprachplatz. Vier Schauspieler*innen haben im Hörspielstudio aus Prosa, Gedichten und Listen zitiert. In der Alten Schmiede wird das Quartett einen Eindruck von der Vielstimmigkeit des Buches vermitteln. Dann machen sich die Herausgeber*innen und Schauspieler*innen mit dem Publikum auf eine Reise rund um den Schwedenplatz.

18:00
PERFORMANCE »Schwedenplatz-Quartett« mit:
Nils Arztmann
Franz Josef Csencsits
Marlene Hauser
Wiltrud Schreiner

18:30
REISEFÜHRUNG mit den Herausgeber*innen:
Lucas Cejpek
Margret Kreidl

Der Ausklang findet um 19:30 auf dem Badeschiff Wien statt.

Für die Reiseführung ab Alte Schmiede bitte um Anmeldung unter literarisches.quartier@alte-schmiede.at

»Raumzuckungen« in der Buchhandlung Walther König

Karl Baratta spricht mit Manfred Wolff-Plottegg.

»Mit seinen von Konventionen abweichenden Perspektiven und Visionen hat Plottegg neue Paradigmen und Horizonte für die Architektur eröffnet. Doch das Werk kognitiver agents provocateurs braucht oft Dekaden, um anerkannt und verstanden zu werden. Insofern ist Plottegg im Augenblick asynchron zum Zeitgeist und wird erst in hundert Jahren ein Zeitgenosse nachfolgender Generationen sein. Unsere gemeinsamen Arbeiten seit ›Schaufenster-Botschaften‹ (Graz, 1979), also fast über ein halbes Jahrhundert, waren immer gezeichnet vom Geist einer fröhlichen Wissenschaft und einem utopischen Furor an den Grenzen des Möglichen, die Plottegg immer wieder überschritten hat. Auf seine Fantasie war immer Verlass.«
– Peter Weibel

Jaroslav Rudiš, Bastian Schneider und Markus Köhle bei der Leipziger Buchmesse

Jaroslav Rudiš, Bastian Schneider und Markus Köhle schreiben in ihren aktuellen Büchern auf sehr unterschiedliche Weise übers Zugfahren: Während Rudiš nach Eigendefinition ein Eisenbahnmensch ist, dessen Affinität zum Bahnfahren eng mit seiner Poetik verwoben ist, spielt die Bahn auch in Bastian Schneiders Roman “Das Loch in der Innentasche meines Mantels” eine tragende Rolle – da die Figur des Romans sich mit dem Zug auf die Suche nach ihrem Autor begibt. Markus Köhle wiederum hat mit “Das Dorf ist wie der Internet, es vergisst nichts” eine Vermessung der österreichischen Mentalität vorgenommen, die sich aus Gesprächen auf Zugreisen speisen. Steigen Sie ein!

Lucas Cejpek und Daniela Fürst bei der Leipziger Buchmesse

Eine Polyphonie von 106 Autor:innen, in Form von Lyrik und Prosa, jeweils auf eine Seite begrenzt. 106 Stimmen über einen besonderen Wiener Ort, arrangiert von Lucas Cejpek und Margret Kreidl.

Lucas Cejpek und Daniela Fürst im Gespräch über “Wien, Schwedenplatz. Polyphon”