In ihrer Poetikvorlesung reflektiert Anna Kim ausgehend von ihren Romanen »Anatomie einer Nacht«, »Die große Heimkehr« und »Geschichte eines Kindes« das Verhältnis der Literatur zur Wahrheit. Was diese drei Romane gemeinsam haben, ist, dass sie von wahren Begebenheiten ausgehen: Der Suizid eines achtjährigen Buben in Ostgrönland stand am Anfang von »Anatomie einer Nacht«, das nie aufgeklärte Verschwinden einer japanisch-koreanischen Jugendlichen aus ihrer Heimatstadt Kobe 1961 am Anfang von »Die ¬große Heimkehr«. Ohne die Adoptionsakte des »wahren« Danny Truttmann hätte es »Geschichte eines Kindes« nie gegeben.
Im ersten Abschnitt Fahnden bildet die Frage der Recherche den Ausgangspunkt: Inwiefern sich literarische Recherche von wissenschaftlicher oder journalistischer Nachforschung unterscheidet, wie man Quellen identifiziert, an welche Grenzen man bei der Recherche stoßen kann, und wann bzw. warum sie sich entschlossen hat, diese Grenzen zu überschreiten. Im zweiten Abschnitt Stricken behandelt Anna Kim – ausgehend von den Grenzüberschreitungen des ersten Teils – das Einarbeiten von Fakten in das fiktive Gewebe eines Romans, wie Inhalte strukturiert und komponiert, Fakten im literarischen Prozess zusammengestellt und überblendet, vermischt und fiktionalisiert werden. Abschließend nimmt sie unter dem Titel Balancieren die Frage nach der künstlerischen Freiheit und Verantwortung in den Blick: Wie kann, soll man mit historischen Dokumenten umgehen? Wie ist mit historischem Vokabular, das heutzutage außerordentlich verletzend ist, zu verfahren?
Die Vorlesung wurde für die Buchfassung um zwei Essays – die Texte Unsere Schule sowie Farbe bekennen – ergänzt.
Archive: Events
A list of upcoming events
Wolfgang Straub zu Werner Kofler
Radio direkt. Die Hörspiele von Werner Kofler
Gespräch mit Wolfgang Straub mit Hörproben
Konzept und Moderation: Annalena Stabauer
Markus Köhle / Retrogranden aufgefrischt: Werner Kofler
Werner Kofler aufgefrischt von Silvia Pistotnig, Gustav Ernst, Martin Peichl
Moderation und Konzeption: Markus Köhle
Im Mittelpunkt von Markus Köhles Projekt stehen österreichische Dichter*innen des 20./21. Jahrhunderts, deren Werk von Gegenwartsautor*innen mit unterschiedlichen literarischen Ansätzen beleuchtet, weiter- oder umgeschrieben wird.
Diesmal geht es um den »Wirklichkeitszerstörer« und »Meister der üblen Nachrede« Werner Kofler, dessen fünfbändige Werkausgabe als Grundlage für den Abend dient. Zu erwarten ist u. a. eine Einführung in die Koflersche Beschimpfungskunst, ein feministischer Blick auf seinanspielungsreiches Schaffen sowie eine Wiederbelebung der fürhen Lyrik des einstmaligen Beat-Poeten.
Peter Rosei in der Alten Schmiede
Denken, Schreiben, Mitteilen – die Briefe von Hermann Broch (1886–1951) spiegeln diese für seine Literatur wesentlichen Grundlagen wider. Seine zugewiesene und dennoch selbstermächtigte Stellung innerhalb der europäischen Moderne ist gekennzeichnet durch textliche Einbringungen aus den diversen Wissenschaften der Mathematik, Philosophie und Ökonomie. Die denkerische und schreibende »Verfransung« mit deren Fragestellungen und Perspektiven findet sich in Form klar und luzid durchdachter Spracharbeit in den Briefen wieder. Wo diese Spracharbeit wesentliche Teile ihres Fundaments – »Form, Moral, Wahrhaftigkeit« – herauszubilden versteht. Peter Roseis Projekt »Erweiterte Poesie« möchte im Dialog mit Autor*innen den poetischen Fokus erweitern, augehend von der Dichtung hin zu anderen Disziplinen.
Markus Köhle im Literaturschiff Sierning
Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts
Wer einen realistischen Eindruck vom Zustand Österreichs gewinnen möchte, braucht das Land bloß mit dem Zug zu durchreisen – die freiwillig und halbfreiwillig geführten Gespräche in den Railjets und Speisewägen der Nation geben einen tiefen Einblick in die hiesige Verfasstheit, die zwischen »Fernsehkaisern und Kurzschlusskanzlern « kaum unterscheiden zu können scheint.
Eine solche Tour de force unternimmt Markus Köhle mit viel Sprachwitz in seinem Romandebüt, in dem er seinen aufmerksam registrierenden Protagonisten Lukas auf seinen Zugreisen durch die Bundesländer den großen Themen unserer Zeit begegnen lässt.
Ticket unter: https://kupfticket.com/events/markus-koehle-das-dorf-ist-wie-das-internet
Lesung Markus Köhle
Verleihung des Veza-Canetti Preises 2023 an Anna Kim
Verleihung des Veza-Canetti-Preises der Stadt Wien 2023.
„Mit Anna Kim reiht sich eine neue, spannende Stimme in die Reihe der Preisträgerinnen. Ihre Fähigkeit, literarische Formen für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu finden, wird so erneut wertgeschätzt. Nach den Nominierungen sowohl zum Deutschen als auch zum Österreichischen Buchpreis 2022 für den Roman ‚Geschichte eines Kindes‘ wird nun auch der Veza-Canetti-Preis dazu beitragen, dass Anna Kims literarisches Werk angemessen gewürdigt wird.“ (Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler)
Release Triëdere #27
Die neue Ausgabe des Triëdere #27 Morbide Phänomene mit Essays von Autorennni aus Wien, Berlin, Chile, Japan und der Vergangenheit, über Phänomene, die nicht loslassen, wird am 29.2.2024 im Spitzer im Odeon präsentiert. Mit Franziska Füchsl, Bernhad Kreuz und Benedikt Ledebur.
Klemens Renoldner auf Ö1
Im Gespräch mit Renata Schmidtkunz erklärt Klemens Renoldner, wie er auf die Idee kam, für »Geschichte zweier Angeklagter« ein Stück Familiengeschichte zu recherchieren, was ihn dabei überrascht hat und was er über das Selbstverständnis von politischen Opfern und nationalsozialistischen Tätern gelernt hat.
Klemens Renoldner auf Ö1
Im Gespräch mit Renata Schmidtkunz erklärt Klemens Renoldner, wie er auf die Idee kam, für »Geschichte zweier Angeklagter« ein Stück Familiengeschichte zu recherchieren, was ihn dabei überrascht hat und was er über das Selbstverständnis von politischen Opfern und nationalsozialistischen Tätern gelernt hat.