Selbstzerstörung der Demokratie, Tendenzen und Wiederkehren im kurzen 20. Jhd. In Erinnerung an Manès Sperber

Philipp Blom im Gespräch mit Wolfgang Müller-Funk

SELBSTZERSTÖRUNG DER DEMOKRATIE, TENDENZEN UND WIEDERKEHREN IM KURZEN 20. JHD.
In Erinnerung an Manès Sperber

 

Manès Sperber, geb. 1905 in Sabolotiw, Ukraine, wurde als skeptischer Humanist und unerbittlicher Kritiker totalitärer Systeme bekannt. Er lehrte an verschiedenen Hochschulen in Berlin. Für seine Bücher erhielt er zahlreiche Literaturpreise. Manès Sperber starb am 5. Februar 1984 in Paris. Seine Werke waren in den letzten Jahren nur mehr im Antiquariat greifbar. Mit einer kommentierten dreibändigen Leseausgabe, die im April 2024 erschienen ist, macht der Verlag Sonderzahl Sperbers Schriften nun wieder zugänglich.

Herausgeber Wolfgang Müller-Funk auf die Frage, warum es sich lohnt, Manès Sperber heute zu lesen und über seine Texte zu diskutieren:

„… weil er ein Autor ist, der eine Epoche literarisch und analytisch durchdrungen hat, die von der Oktoberrevolution bis zum Niedergang und Ende des sowjetischen Sozialismus reicht.
… weil seine Analyse von Macht und Diktatur, die sein literarisch-essayistisches Werk durchzieht, unschätzbare Hilfe leistet, die psychischen und sozialen Mechanismen zu begreifen, die dem heutigen Rechts- und Linkspopulismus zugrunde liegen.
… weil er wie kaum ein anderer die Individualpsychologie weiterentwickelt und auf politische Phänomene angewandt hat.“

 

Wolfgang Müller-Funk, Germanist, Kulturphilosoph, Essayist, studierte Germanistik, Philosophie, Geschichte und Spanisch in München. Er war Professor für Kulturwissenschaften in Birmingham und Wien und u.a. Fellow an der New School for Social Research in New York und am Institut für die Wissenschaft vom Menschen in Wien. Er ist Buchautor und Verfasser von Essays und Rezensionen in diversen deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften. Und er ist Präsident der Manès Sperber-Gesellschaft.

Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford. Er lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien und schreibt regelmäßig für europäische und amerikanische Zeitschriften und Zeitungen.

Markus Köhle im Literaturhaus Wien

Erinnerungen stellen sich ein, sobald etwas erlebt wurde. Sie können Produkt einer Konstruktionsarbeit sein und sind mitunter Teil des Schreibens selbst. Malte Borsdorf, Markus Köhle, Mieze Medusa und Gabriele Petricek gehen in der Lesung der Frage nach, wie Erinnerungen literarisches Schaffen mit formen.

Organisation und Koordination: Malte Borsdorf

Eine Veranstaltung der Grazer Autorinnen Autoren Versammlung in Kooperation mit dem Literaturhaus Wien.

Markus Köhle in der Alten Schmiede

Im Mittelpunkt von Markus Köhles Projekt stehen österreichische Dichter*innen des 20./21. Jahrhunderts, deren Werk von Gegenwartsautor*innen mit unterschiedlichen literarischen Ansätzen beleuchtet, weiter- oder umgeschrieben wird.

Diesmal geht es um den Dichter, bildenden Künstler und Ad hoc-Musiker Dominik Steiger (1940–2014). Der Band (mühelos) STÜSSELCHENS (Ritter Verlag, 2020) mit Prosaminiaturen aus dem Nachlass beinhaltet Betrachtungen, Rückblicke, Wunschprojektionen und Schreckensvisionen des »Tagtraumarbeiters« und bildet den Kern des Abends. Künstlerisch vielfältig aufgefrischt werden zudem abra palavra (2004), mon dieu es geistert (2007) und spuk & geflunker (2014). Es wird Soundpoetry-Collagen, Live-Impro-Musik und vor Ort entstehende Bilder geben.

M. Köhle

Thomas Havlik, *1984; Autor, Sprach- und Performancekünstler, Soundpoet. Zuletzt, u.a.: Dalí schreit Hochalpen. Gedichte (2021).

Bertl Mütter komponiert musiklaboratorisch vom Solo bis zum Musiktheater. Sein exklusives Instrument ist das MUT!HORN-SL von Schagerl.

.aufzeichnensysteme // Hanne Römer, *1967; .aufzeichnensysteme bezeichnet eine Schnittstelle von Literatur, visueller und auditiver Kunst als Konzept/Autor*innenschaft von Hanne Römer. Zuletzt u.a.: RAUTE (2021).

Markus Köhle, *1975; Autor, Slam-Poet, Redakteur der Zeitschrift DUM. Zuletzt: Das Dorf ist wie das Internet, es vergisst nichts. Roman (2023).

Franz Schuh in der Alten Schmiede

Franz Schuh Blendung als Lebensform Zur Aktualität von Elias Canetti. Sonderzahl Verlag. Hg. von Bernhard Kraller
Walter Famler (Moderation)

Seit fast einem halben Jahrhundert setzt sich Franz Schuh intensiv mit dem Werk Elias Canettis auseinander. Das Ergebnis dieses Studiums ist nachzulesen in 25 Essays, die in diesem Band erstmals publiziert werden und die Canettis Literatur auf die ihr zugrundeliegende Lebensform hin untersuchen. Flankiert wird das Korpus von zwei großen Essays über Karl Kraus, das frühere Vorbild des späteren Nobelpreisträgers.

Franz Schuh, *1947; Schriftsteller, Kritiker, Philosoph; zuletzt: Ein Mann ohne Beschwerden (2023).

Stefan Thurner & Peter Rosei in der Alten Schmiede

Stefan Thurner über Komplexität
Peter Rosei (Projektkonzeption, Moderation)

»Poesie ist eine spezielle Art der Kodierung von Beobachtetem, Gefühltem oder Gedachtem. Wissenschaft kodiert ebenso. Sie versucht Sichtweisen der physischen Welt so zu kodieren, dass sie quantitativ fassbar wird. Ich gebe einen Einblick, wie Wissenschaft derzeit versucht ›die Welt‹ als dynamische Netzwerke zu verstehen. Wozu? Um das ungelöste Problem der Komplexität in den Griff zu kriegen – zumindest konzeptionell und idealerweise mit einigen neuen Ideen, Zukünftigem besser zu begegnen.« S. Thurner

Peter Roseis Projekt Erweiterte Poesie möchte im Dialog mit Autor*innen und Wissenschaftler*innen den poetischen Fokus erweitern, ausgehend von der Dichtung hin zu anderen Disziplinen.

Stefan Thurner, *1969; Physiker, Komplexitätsforscher. Professor der Medizinischen Universität Wien und des Santa Fe Institute, New Mexico.

Peter Rosei, *1946; Prosa, Hörspiele, Essays, Gedichte. Zuletzt, u.a.: Die Geschichte geht weiter. Ungemütliche Essays (2024).

Bendedikt Ledebur & Peter Rosei in der Alten Schmiede

Benedikt Ledebur über Ludwig Wittgensteins Ansätze und Methoden
Peter Rosei (Projektkonzeption, Moderation)

»Ausgehend von einer Skizze des Tractatus logico-philosophicus, in dem Wittgenstein die Logik als auf tautologischen Sätzen beruhendes System darstellt, das keine erklärenden Sätze zulassen darf, die nicht zu diesem System gehören (der Tractatus selbst ist ein einziger Verstoß gegen diese Auffassung), und der Mathematik als logische Methode, versuche ich einen Überblick über die Konzepte der Philosophischen Untersuchungen und anderer späterer Schriften Wittgensteins. Vielleicht lässt sich im Vergleich zu den Grundgedanken des Tractatus feststellen, dass, in einer Abwandlung des Nestroy-Zitats, das Wittgenstein seinen Philosophischen Untersuchungen voranstellt, die Unterschiede das an sich haben, dass sie viel größer ausschauen, als sie wirklich sind.« B. Ledebur

Peter Roseis Projekt Erweiterte Poesie möchte im Dialog mit Autor*innen und Wissenschaftler*innen den poetischen Fokus erweitern, ausgehend von der Dichtung hin zu anderen Disziplinen.

Benedikt Ledebur, *1964; Lyriker, Essayist, Kritiker. Zuletzt, u.a.: Das Paradox des Realen. Essays zur Kunst (2015).

Ludwig Wittgenstein (1889–1951); österreichischer Philosoph, lieferte wichtige Beiträge zur Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins. Hauptwerke: Tractatus logico-philosophicus (1921), Philosophische Untersuchungen (1953, postum).

Peter Rosei, *1946; Prosa, Hörspiele, Essays, Gedichte. Zuletzt, u.a.: Die Geschichte geht weiter. Ungemütliche Essays (2024).

Stefan Zweig Poetikvorlesung von Barbi Marković

Als 15. Dozentin der Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung spricht Barbi Marković in drei Vorlesungen über ihr Schreiben unter dem Titel „Stehlen, Spielen, Schimpfen“:

Die Wahrheit verändert sich für uns so sehr, dass sich die anderen in ihr nur schwer zurechtfinden. (Proust/Marković).

Gute Sätze begleiten uns, wir wiederholen sie jahrelang, wir üben und verändern sie, bis sie uns gehören. Ähnlich verhält es sich mit Sprachen. Wir lernen sie und sprechen sie, wir zahlen für sie mit Geld und Zeit, und das, was am Ende herauskommt, ist „unsere deutsche Sprache“.

Barbi Marković hat sich das Stehlen als die kulturelle Unverschämtheit von unten zum Programm gemacht. In der ersten Vorlesung erzählt sie, wie es dazu kam und warum man ihr trotz offener Piraterie nie die Originalität ihrer Texte abgestritten hat. Fast nie.

In der zweiten Vorlesung geht es um die Kraft und den Zug einer guten, rhythmisch abgestimmten Schimpftirade. Dabei werden Beispiele aus dem Leben und aus der Literatur betrachtet, besondere Aufmerksamkeit wird auf die Machtverhältnisse gelenkt. „Schimpfe nie nach unten und streichle nie nach oben“, würde die Regel lauten.

Die Regeln, die man sich selbst auferlegt, um eine Distanz zwischen dem Text und dem Ich herzustellen, sind das Thema der dritten Vorlesung. Damit sind formale Zwänge und Textspiele gemeint, wie man sie aus der Oulipo-Schule kennt, aber auch situationistische Textsammlungsmethoden und sogar Table-Top-Rollenspiele, mit denen man spannende Inhalte kreieren kann. Durch diese Techniken ist es möglich, eine Lücke zwischen Text und Autorin zu schaffen, die mit entsprechendem Material gefüllt werden kann, sodass die Texte am Ende mehr wissen als die Person, die sie geschrieben hat, und über mehr berichten als nur über ein Privatschicksal.

Barbi Marković, geboren 1980 in Belgrad, studierte Germanistik, lebt seit 2006 in Wien. 2009 machte Marković mit dem Thomas-Bernhard-Remix-Roman „Ausgehen“ (Suhrkamp Verlag) Furore. 2016 erschien der Roman „Superheldinnen“ (Residenz Verlag), für den sie u.a. den Priessnitz-Preis erhielt. 2017 las Barbi Marković beim Bachmann-Preis. Zahlreiche Kurzgeschichten, Theaterstücke und Hörspiele , außerdem zuletzt die Bücher „Die verschissene Zeit“ (2021) und „Minihorror“ (2023, beide im Residenz Verlag).

Anna Kim in der ÖGL

Anna Kim reflektiert entlang ihrer drei Romane über dads Verhältnis von Literatur und Wahheit.

Nava Ebrahimi beschäftigt sich mit der Frage, wie die Themen Herkunft und Identität ihr Schreiben prägen.

Moderation: Manfred Müller

Which Dances im Volkskundemuseum

Am Sonntag, dem 14. April um 18 Uhr findet im Wiener Volkskundemuseum eine Buchpräsentation mit Performance statt: »which zones« von & mit Aluminium (künstlerische Leitung) & Sabina Holzer, Elisabeth Schäfer, Jack Hauser & Kompliz*innen aus dem Team.
Im Gespräch: Anna Leon und Herbert Justnik mit den Herausgeber:innen von »which dances – which writes«, Sabina Holzer & Elisabeth Schäfer.